Ein neues Buch von Andreas Kreutzer beschreibt, warum Mieten und Wohnungspreise tatsächlich steigen und wo man ansetzen sollte, um den Preisauftrieb einzuhegen. Präsentiert wurde es gestern Abend in der Buchhandlung Morawa Wollzeile in Wien.
[16.09.2022 | Wien] Wohnen ist Sozial- und Wirtschaftsgut zugleich. Der Wirtschaftssektor „Wohnbau & Wohnen“ steuert in Österreich rund zwanzig Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Doch es läuft nicht alles rund im System. In den letzten dreißig Jahren wuchsen die Mieten, Häuser- und Wohnungspreise deutlich rascher als die Inflation.
Das hatte eine Reihe von Ursachen: Dass etwa die Grundstückspreise mancherorts besonders rasch stiegen, war nicht zuletzt auf die rückläufigen Widmungen von Baugrundstücken zurückzuführen. Für kräftig steigende Baupreise sorgten, neben überschießenden Normen und Gesetzen, vor allem eine noch in weiten Teilen handwerkliche Bauproduktion und das beherrschende Paradigma, dass Wohngebäude individuell in Maßarbeit zu errichten sind. Folglich konnte die Bauwirtschaft die Arbeitsproduktivität in den letzten dreißig Jahren nicht erhöhen und musste steigende Kosten 1:1 an die Auftraggeber weitergeben. Gesamtwirtschaftlich wuchs die Arbeitsproduktivität seit 1995 um mehr als ein Drittel. Dass die Wohnbauförderung immer weniger in der Lage war, leistbaren Wohnraum in ausreichendem Maße zu schaffen, hatte damit zu tun, dass die Bundesländer das Förderinstrument in den letzten zwanzig Jahren ausbluten haben lassen. Denn abgesehen davon, dass man die Dotierung nicht an die steigenden Baupreise anpasste, wurden dem System durch verlorene Zuschüsse und Forderungsverkäufe rund 45 Milliarden Euro entzogen.
Ein aktiver Leerstand von im Bundesdurchschnitt lediglich vier Prozent begünstigte wiederum die Teuerung bei Mieten, zumal im Neubau in erheblichem Ausmaß Nebenwohnsitze und reine Finanzanlagen errichtet wurden. Darüber hinaus wurden im Jahr 2020 mehr als 100.000 in den letzten dreißig Jahren mit Wohnbauförderung errichtete Miet- und Eigentumswohnungen nicht als Hauptwohnsitz genutzt. Als entscheidender Treiber für die Wohnkosten entpuppte sich zudem die Wertsicherung von Mieten. Im Grunde genommen ist sie eine Fehlkonstruktion. Denn durch die Anhebung der Miete, etwa im Ausmaß der Inflationsrate, wird zwar die Miete an die Kaufkraft angepasst, nicht aber der Zustand der Wohnung. Der Mieter zahlt daher kaufkraftbereinigt immer so viel wie beim Bezug der Wohnung, obgleich die Wohnqualität durch die Abnutzung sinkt.
Mit bestechender Klarheit eröffnet Andreas Kreutzer spannende Einblicke in die komplexe Gemengelage des Wohnsektors in Österreich und identifiziert die bestimmenden Akteure. Er rechnet vor, um wie viel günstiger man bauen und wohnen könnte, wenn man Partikularinteressen hintan stellen würde und beschreibt gut verständlich, warum wir unsere Vorstellungen über die Art und Weise wie wir bauen, ändern sollten.
Andreas Kreutzer stellt damit der zumeist nur oberflächlich geführten Diskussion über leistbares Wohnen fundierte Daten und Fakten gegenüber, die die wahren Preistreiber demaskieren. Er schärft mit seinen Analysen den Blick für die großen Herausforderungen im Wohnbau.
Über den Autor
Andreas Kreutzer, geboren 1963, unterstützt seit mehr als dreißig Jahren Unternehmen in Fragen der strategischen Neuausrichtung, des Marketings und in M&A Projekten. Seine Leidenschaft gehört dabei dem Bausektor, allen voran der Baustoff- und Bauindustrie.
Er ist geschäftsführender Gesellschafter von BRANCHENRADAR.com Marktanalyse GmbH und Begründer des Beraternetzwerks KREUTZER FISCHER & PARTNER mit Standorten in Wien und Berlin.
Andreas Kreutzer ist Autor zahlreicher Wirtschaftskommentare in nationalen und internationalen Printmedien und gefragter Interviewpartner bei Printmedien, Fernsehen und Rundfunk.
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