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Mehr Kassenärzte durch erleichterten Zugang zu ärztlichen Hausapotheken

Für die Finanzierung zusätzlicher Kassenärzte bedarf es nicht der Einführung einer Vermögensteuer. Es müssten nur die ärztlichen Hausapotheken ausgebaut werden, zeigt eine aktuelle Studie des Beraternetzwerks KREUTZER FISCHER & PARTNER.

[Wien | 15.06.2023] Um den Mangel an niedergelassenen Ärzten, insbesondere im ländlichen Raum, zu mindern, ging das Gesundheitsministerium zuletzt mit einem umstrittenen Vorschlag an die Öffentlichkeit. Demnach könnten die Einnahmen aus einer einzuführenden Vermögensteuer genutzt werden, um 400 zusätzliche Kassenärzte im ambulanten Bereich zu finanzieren. Doch die Einführung einer Vermögensteuer ist dafür gar nicht notwendig. Mit einem leichteren Zugang zu ärztlichen Hausapotheken könnte das Ziel ebenso erreicht werden.

In Österreich fehlen 570 Apotheken
Im Jahr 2022 gab es in Österreich insgesamt 1.446 öffentliche Apotheken (inkl. 31 Filialapotheken) und 902 ärztliche Hausapotheken. Im Schnitt wurden 10.000 Einwohner von 2,6 Apotheken versorgt. Damit war das Apotheken-Bevölkerungs-Verhältnis in Österreich geringer als in der Bundesrepublik Deutschland. Bei Berücksichtigung der länderbezogen unterschiedlichen Bevölkerungsdichte fehlten hierzulande rund 570 Apotheken. Die Lücke könnte praktischerweise durch ärztliche Hausapotheken gefüllt werden. Dafür sprechen zwei Argumente: zum einen die damit verbundene Verringerung der Wartezeiten in öffentlichen Apotheken, deren Dauer – laut Österreichischem Kundenbarmeter – von vielen Konsumenten als zu lange empfunden wird. Zum anderen entfiele in vielen Fällen die Wegzeit zur nächsten öffentlichen Apotheke. Für die Medikamentenbeschaffung wurden im Jahr 2020 insgesamt zumindest 21,2 Millionen Stunden bzw. 2.416 Jahre aufgewendet. In Geldwert konvertiert ergibt das einen Betrag von zumindest 213 Millionen Euro, da in der Gesundheitsökonomie Lebensjahre gewöhnlich mit einem Vielfachen des Bruttoinlandprodukts pro Kopf bewertet werden. Wenn die Gesundheitspolitik einer leicht verfügbaren Arzneimittelversorgung und der Patienten-Convenience den Vorrang vor einer wettbewerbsrechtlich fraglichen Bestandssicherung öffentlicher Apotheken gibt, führt daher kein Weg an einer Liberalisierung des Apothekenmarktes vorbei, so Studienautor Andreas Kreutzer.

Mehr ärztliche Hausapotheken für öffentliche Apotheken finanziell verkraftbar
Für die öffentlichen Apotheken wäre ein Ausbau der ärztlichen Hausapotheken um 570 Standorte ökonomisch verkraftbar. Im Jahr 2020 (aktuellere Daten sind verfügbar) wurde bei einem Gesamtumsatz von 4,6 Milliarden Euro eine Umsatzrendite von beinahe zehn Prozent erzielt. Die Substitutionseffekte durch die zusätzlichen ärztlichen Hausapotheken beliefen sich gerade einmal auf rund 138 Millionen Euro, womit die Umsatzrendite mit neun Prozent nach wie vor um ein Drittel höher wäre als bei einem durchschnittlichen österreichischen Unternehmen.

Ausbau der ärztlichen Hausapotheken schafft 400 zusätzliche Kassenärzte
Im Gegenzug könnte allerdings im niedergelassenen Bereich die Versorgungslage nicht nur abgesichert, sondern verbessert werden. Berechnungen zeigen, dass durch den skizzierten Ausbau der ärztlichen Hausapotheken die Anzahl der niedergelassenen Ärzte mit Kassenvertrag um rund 400 Praxen steigen würde, nicht zuletzt, weil der Betrieb einer ärztlichen Hausapotheke dem niedergelassenen Arzt ein Zusatzeinkommen von etwa 30.000 Euro vor Steuer ermöglicht.

 

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