erkennen was märkte treibt

 

Urlaub schlägt Sofa

Der österreichische Möbelhandel leidet unter einer sinkenden Investitionsbereitschaft privater Haushalte. Preisbereinigt ist der Umsatz seit zwei Jahren rückläufig, 2013 gab es sogar ein Minus von nominal ein Prozent geg. VJ.

[18. Juni 2014 I WIEN] Am heimischen Möbelmarkt dominieren die Moll-Töne. Das Geschäft entwickelt sich nur noch äußerst zäh. Preisbereinigt stagniert der Umsatz bereits seit 2010. Und im letzten Jahr rutschte man sogar nominell ins Minus. Der Branchenumsatz sank um rund ein Prozent geg. VJ auf € 4,3 Milliarden. Die Nachfrage lag sogar um mehr als 3,5 Prozent hinter Vorjahr. Für das sinkende Interesse an neuen Möbeln gibt es im Wesentlichen zwei Gründe.

Abgesehen von der real sinkenden Kaufkraft, fließt auch ein immer größerer Anteil der Ausgaben in den Konsum, anstatt in Investitionen in Heim & Haus. Offenbar orientieren sich die privaten Haushalte in ihrer Ausgabenpolitik zunehmend am Staat, der ja auch in immer größerem Ausmaß den Konsum alimentiert, anstatt in physische und mentale Infrastruktur zu investieren. Vom vielbeschworenen Cocooning ist wenig zu sehen. Vielmehr hat für eine zunehmende Anzahl von Konsumenten ein Urlaub mittlerweile einen höheren Nettonutzen, als etwa ein neues Sofa.

Großfläche vom Marktrückgang überdurchschnittlich betroffen

Von der schwachen Nachfrage nach Einrichtungsgegenständen ist die Möbel-Großfläche stärker betroffen als der Fachhandel. Zum einen fehlt den Filialisten die treibende Dynamik aus der Flächen- und Standortexpansion. Denn zweifelsohne resultierte das Wachstum in den letzten dreißig Jahren nicht zuletzt aus der Kanniba-
lisierung des mittelständischen Möbelhandels. Mittlerweile ist aber das Substitutionspotential weitgehend ausgeschöpft und der Bedarf an neuen Möbelmärkten gering. Im Prinzip sind die Ausbaupläne der Möbel-Großfläche in Österreich abgeschlossen. Was nun zählt, ist einzig ein flächenbereinigtes Wachstum. Doch dafür reicht die Nachfrage nicht. Denn die Geschäftsmodelle der Filialisten sind eher auf Quantität, als auf Qualität ausgerichtet.

Gegenüber dem Möbelfachhandel sind strukturelle Defizite in der Berat-
ung und der Sortimentspolitik offensichtlich. Dass die Schwächen in der Beratung nicht beseitigt werden können, liegt in dem einen oder anderen Fall auch an den Arbeitnehmervertretern, die sich strikt gegen ein zweites Gehaltsschema für besonders qualifizierte Kundenberater und Einrichtungsplaner stemmen. Ohne ein entsprechend hochwertiges Service, bringt wiederum die Listung von Premiummarken wenig. In Zeiten wo es gilt, die eher investitionsbereiten, weil kaufkräftigeren Zielgruppen anzusprechen, zielt man so am Potential vorbei.

Vertikalisierung des Vertriebs verändert die Spielregeln

Zusätzlich erschwert wird die Lage des Möbelhandels durch die gesteigerten Bestrebungen der Möbelindustrie den Vertrieb zu vertikalisieren. Ähnlich wie etwa im Bekleidungsbereich, versuchen immer mehr Möbelhersteller ihre Produkte in einem konkurrenzfreien Umfeld anzubieten. Diese Monomarken-Läden werden entweder selbst betrieben oder über Franchise-Modelle realisiert. Beispiele dafür sind bei Küchenmöbeln etwa die DAN-Küchenmöbelstudios oder bei Polstermöbeln die italienische Premiummarke Minotti. Aber auch die Übernahme von kika/Leiner durch die Steinhoff-Gruppe folgt dieser Logik, hat doch der Konzern seine Wurzeln in der Möbelproduktion. Und da die Produkte der Steinhoff-Gruppe eher im unteren bis mittleren Preissegment angesiedelt sind, bedarf es auf Handelsebene auch keiner Zwei-Marken-Strategie mehr. Die neue Werbekampagne, in der kika und Leiner gemeinsam beworben werden, leitet die zu erwartende Markenfusion bereits ein.

Tab: Umsatzentwicklung österreichischer Möbel- und Einrichtungshandel total


Quelle: KREUTZER FISCHER & PARTNER Consulting GmbH

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