erkennen was märkte treibt

 

Mittelstand ist strategisch defensiv unterwegs

Die strategische Ausrichtung mittelständischer Unternehmen zielt eher auf die Absicherung bestehender Märkte und Renditengewinn, als auf Expansion. Beinahe die Hälfte der Planungen sind in sich nicht schlüssig, resümiert eine Studie von KREUTZER FISCHER & PARTNER.

Wie steht es um die strategische Planung in mittelständischen Unternehmen in Deutschland und Österreich? Um diese Frage zu beantworten, hat das Beraternetzwerk KREUTZER FISCHER & PARTNER in den letzten 18 Monaten 867 aufwendige Interviews mit Managern und Inhabern von Unternehmen aus dem Produktionssektor (Jahresumsatz 100 bis 400 Millionen Euro) geführt. Der Befund fällt durchwachsen aus.

Zwar steuert rund jedes neunte der befragten Unternehmen entlang einer verbindlichen, schriftlich ausformulierten Unternehmensstrategie, die Tiefe der Konzeptionen ist jedoch höchst unterschiedlich. Bei mehr als der Hälfte (54 Prozent) der Unternehmen ist die Strategie eher eine „grobe Skizze“ für die Zielrichtung mit allfälliger Schwerpunktsetzung. Nur in 46% der Fälle ist diese auch „operationalisiert“, enthält also auch konkrete Handlungsanweisungen für die einzelnen Unternehmensfunktionen. Am häufigsten werden funktionale Grundsätze für den Vertrieb formuliert (84 Prozent). Vergleichsweise oft gibt es konkrete Handlungsanweisungen auch in den Bereichen Produktion und Produktentwicklung (jeweils knapp siebzig Prozent). Am unteren Ende der Skala rangieren der Einkauf (54% Prozent), Logistik (44% Prozent) und die IT mit nur 36 Prozent.

Auch hinsichtlich des Zeithorizonts der Strategien gibt es signifikante Unterschiede. Aktuell sind 27% der Strategien auf einen Zeitraum von drei Jahren, weitere 30% auf fünf Jahre angelegt. 41% der Konzepte planen länger als fünf Jahre. Wobei es einen klaren Trend zu kurzzeitigeren Planungen gibt. 77% der Befragten geben an, dass die strategische Planung heute für kürzere Zeiträume gilt als noch vor zehn Jahren.

Die im deutschen und österreichischen Mittelstand verfolgte Strategie zielt in 41% der Fälle auf die Absicherung bestehender Märkte, 22 Prozent setzen auf Expansion. 30 Prozent der Unternehmen versuchen beide Stoßrichtungen unter einen Hut zu bringen, was sich in der Praxis erwartungsgemäß als schwierig erweist. Folglich ist die Zufriedenheit mit dieser Strategievariante auch signifikant geringer als mit den beiden anderen Konzepten. Die eher defensive Ausrichtung des Mittelstandes zeigt sich auch noch in einer anderen Strategiedimension. Für satte 60% der Unternehmen steht die Rendite im Fokus, nur 14% verfolgen den Ausbau des Marktanteils. Und 27% wollen mit steigenden Marktanteilen eine höhere Rendite einfahren.

Die insgesamt eher verhaltene Dynamik in der strategischen Planung der Unternehmen erklärt sich aus einer Vielzahl von Faktoren, u.a. etwa aus dem unsicheren Marktumfeld oder einer schwieriger gewordenen Finanzierung (höhere Haftungsansprüche der Banken an die Eigentümer), möglicherweise aber auch aus dem Umstand, dass 73% der Befragten das Marktpotential als ausgeschöpft erachten.

Wenngleich in praktisch allen befragten Unternehmen eine strategische Planung existiert, sind die darin formulierten Annahmen und Schlüsse, sowie die daraus resultierende Stossrichtung und Ressourcenplanung doch von unterschiedlicher Qualität. Das zeigt sich nicht zuletzt, wenn die Konzepte auf Plausibilität geprüft werden. So baut beispielsweise für 77 Prozent der befragten Manager und Unternehmer ihre Unternehmensstrategie auf produkt- oder prozessbezogenen Differenzierungsvorteilen auf, ein Fünftel beruft sich (auch) auf zeitliche Vorteile gegenüber dem Mitbewerb. Vergleicht man - unternehmensbezogen - diese in der Strategie formulierten Ansprüche mit dem tatsächlichen Differenzierungspotential, gibt es in beinahe der Hälfte aller Fälle klar erkennbare Widersprüche. Am häufigsten wird die selbst eingeschätzte Differenzierung am Markt nicht als solche wahrgenommen oder ist für den Kunden einfach nicht relevant. Auch in der Bewertung der kundenseitigen Wechselbarrieren (Marke, Distribution etc.), ist man in den Unternehmensstrategien oftmals etwas zu optimistisch.

Überraschend hoch sind auch die Nennungen hinsichtlich möglicher Kostenvorteile. Annähernd vier von zehn der Befragten sehen ihr Unternehmen als Kostenführer. Abgesehen davon, dass in den überwiegenden Fällen die Annahme einer Kostenführerschaft einer kritischen Prüfung nicht Stand hält, setzen die meisten der vermeintlichen Kostenführer eine Differenzierungsstrategie um, obgleich bei tatsächlicher Kostenführerschaft eine preisorientierte Strategie einfacher und effektiver wäre.

Trotz alledem ist man mehrheitlich mit der Strategie des Unternehmens zufrieden. 14 Prozent sind mit der aktuellen Unternehmensstrategie „vollkommen zufrieden“, 62 Prozent „im Großen und Ganzen“. Obwohl sich für 38 Prozent das Unternehmen in den letzten Jahren schlechter entwickelt hat, als in der strategischen Planung erwartet, wird dieser Umstand nur in wenigen Fällen mit einer möglicherweise nicht ganz ausgereiften Unternehmensstrategie rückgekoppelt. Das mag aber auch daran liegen, dass es dafür keine verbindlichen Kenngrößen gibt, wie etwa Marktanteile zur Messung der Wettbewerbsstärke. Analysiert man aber die Unternehmensentwicklung (Umsatz und EGT laut Jahresabschluss) der befragten Unternehmen in den letzten fünf Jahren im Kontext zur jeweiligen Qualität der strategischen Planung zeigt sich, dass jene Unternehmen, die eine schlüssige Unternehmensstrategie haben in der Tat deutlich öfter eine erfolgreiche Performance aufweisen, als jene ohne Strategie oder mit nicht konsistenter Ausrichtung.

KREUTZER FISCHER & PARTNER Consulting GmbH

ist ein Beraternetzwerk mit Standorten in Wien, Hannover und Berlin und Spezialist für Strategieevaluierungen bzw. die Entwicklung von Strategiekonzepten nach SEP.

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