Wenngleich der Straßenbau nur etwas mehr als fünf Prozent zur Bauproduktion beiträgt, ist er für einige der großen heimischen Bauunternehmen ein relevantes Geschäftsfeld. Denn die Anbieterkonzentration ist hoch, analysiert KREUTZER FISCHER & PARTNER exklusiv für SOLID.
[13.04.2018 | Wien] Der Straßenbau ist eine vergleichsweise kleine, aber fixe Größe für die heimische Bauwirtschaft. Im Jahr 2017 wuchs der Bauproduktionswert (BPW) - inkl. Brücken und Hochstraßen, aber ohne Tunnel - um 2,2 Prozent geg. VJ auf 2,17 Milliarden Euro. Dabei handelte es sich in den überwiegenden Fällen um öffentliche Aufträge. Rund 32 Prozent des BPW kam von den Ländern, 29 Prozent von der ASFINAG und 23 Prozent von den Kommunen. Nur knapp 17 Prozent des Bauproduktionswertes entfielen auf kommerzielle oder private Kunden.
Doch nicht nur die Anzahl der Auftraggeber ist überschaubar, auch auf Seite der Auftragnehmer ist die Konzentration hoch, insbesondere dann, wenn beherrschende Mehrheitsbeteiligungen berücksichtigt werden und die Zählung auf Konzernebene erfolgt. In diesem Fall haben von den rund 30.000 Bauunternehmen im Lande lediglich etwa 150 relevante Umsätze im Straßenbau in ihren Büchern, rund die Hälfte davon von mehr als einer Million Euro pro Jahr. Infolge ist die Marktkonzentration vergleichsweise hoch, insbesondere bei großvolumigen Projekten, wo durch Bildung von Anbieterkonsortien die potentielle Bieteranzahl oftmals zusätzlich verengt wird. Und das ist keine qualitative Diagnose, sondern lässt sich empirisch quantifizieren, etwa mit dem Herfindahl-Hirschman Index (HHI), ein von Wettbewerbshütern und der EU-Kommission gerne verwendeter Indikator zur Messung der Marktkonzentration. Nimmt man den HHI als Maßstab, kann man bereits bei Projekten mit einer Auftragssumme von mehr als fünf Millionen Euro von einer starken Marktkonzentration sprechen, lag doch der Marktanteil der größten fünf Anbieter im Jahr 2017 bei über 80 Prozent, bei Projekten des hochrangigen Straßennetzes insgesamt bei 76 Prozent.
Das bedeutet natürlich noch lange nicht, dass in diesen Fällen der Wettbewerb auch tatsächlich behindert und eingeschränkt wird. Bei Cola-Getränken gibt es weltweit nur zwei relevante Player (Coca Cola und Pepsi), trotzdem würde wohl niemand behaupten, dass der Colamarkt abgesprochen ist.
Allerdings weist der heimische Straßenbau noch weitere Besonderheiten auf, die Wettbewerbshütern doch Anlass zur Sorge bereiten könnten. Konkret geht es um die rückwärtsintegrierten Wertschöpfungsteile, verfügt doch eine ganze Reihe von Straßenbauunternehmen über (konzern-)eigene Steinbrüche, Sand-, Kies- und Asphaltwerke. Und oftmals handelt es sich dabei um Joint Ventures mit anderen Bauunternehmen, mit denen man bei Ausschreibungen im Wettbewerb steht. Vor allem der Asphaltmarkt ist dadurch fest in der Hand von Baukonzernen wie Strabag, Porr und Swietelsky. Berücksichtigt man diverse Kreuzbeteiligungen, besitzen alleine diese drei Unternehmen mehr als 80 Prozent aller Asphalt-Mischwerke im Land. Apropos Land, ausländische Straßenbauunternehmen sind in Österreich rar. Mit Ausnahme von Hochtief - und seit kurzem wieder - dem tschechischen Ableger der ehemaligen Alpine konnte bislang kein relevanter Anbieter Fuß fassen. Zumindest im Straßenbau bleibt man hierzulande lieber unter sich. Verkaufswillige Bauunternehmer finden im Konkurrenzumfeld in der Regel problemlos einen Käufer.
Möglicherweise macht das alles am Ende des Tages dann keinen „schlanken Fuß“, wenn man im Verdacht steht, die eine oder andere Ausschreibung abgesprochen zu haben. Aktuell ermittelt die BWB bekanntlich noch immer in einem Fall möglicher illegaler Preisabsprachen bei großen Straßenbauprojekten in Kärnten und der Steiermark. Was immer das Ergebnis dieser Untersuchungen auch bringt, eine quantitativ substanzielle Bereicherung der involvierten Bauunternehmen ist mit derzeitigem Wissensstand eher auszuschließen. Denn falls Aufträge, Baulose oder Preise tatsächlich abgesprochen worden sein sollten, war die dahinter stehende Motivation wohl eher, die wettbewerbsgetriebene Preiserosion zu bremsen und weniger, um sich eine goldene Nase zu verdienen. Zumindest legt dies eine Analyse der Jahresabschlüsse eines in die Causa involvierten Kärntner Bauunternehmens nahe. Im angezeigten Untersuchungszeitraum, also zwischen 2006 und 2015, lag das EGT bei durchschnittlich 2,5 Prozent vom Umsatz, in den letzten drei Jahren gerade mal bei durchschnittlich 0,9 Prozent pro Jahr. Also Hand aufs Herz: Preiskartelle sehen anders aus.
Studiendesign:
Der Beitrag erschien im April 2018 im Branchenmagazin SOLID. Die publizierten Daten stammen aus einer Marktanalyse von KREUTZER FISCHER & PARTNER vom Dezember 2017. Die Studie wurde im Auftrag eines international tätigen Straßenbaukonzerns durchgeführt.
Alle Angaben ohne Gewähr.
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