Dass die Ausgaben für Wohnen in Österreich vergleichsweise rasch steigen, hat im Wesentlichen drei Gründe: eine zu defensive Wohnbaupolitik, chronisch geldklamme Kommunen und zu wenig Wettbewerb in der Bauwirtschaft, wie die aktuelle Studie „Wege zum leistbaren Wohnen“ der KREUTZER FISCHER & PARTNER Consulting zeigt.
[WIEN | 03.07.2015] Mit den jüngsten Zahlen zum Verbraucherpreisindex (Mai 2015) hat Statistik Austria die Diskussion über „leistbares Wohnen“ wieder angeheizt. Seit dem Jahr 2011 stiegen demnach die durchschnittlichen Ausgaben für den Wohnaufwand in Österreich um neun Prozent und damit signifikant rascher als die Verbraucherpreise insgesamt. Über den gesamten Zeitraum betrachtet erweisen sich vor allem drei Ausgabengruppen als Preistreiber: Mieten, Wohnungs-Instandsetzungen und wohnungsbezogene Dienstleistungen. Zusammen bilden sie mehr als siebzig Prozent des gesamten Wohnaufwandes ab. Die Energiepreise trugen indessen nur bis 2013 maßgeblich zur Teuerung bei. Im gesamten Untersuchungszeitraum stiegen sie mit plus 3,6 Prozent nicht nur deutlich langsamer als der gesamte Wohnungsaufwand, sondern auch als die Verbraucherpreise insgesamt.
Die Mieten legten laut Statistik Austria seit 2011 um nahezu 17 Prozent zu, alleine im letzten Jahr um fünf Prozent geg. VJ. Die Mieten bilden damit die Speerspitze der Teuerung. Dass der Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftskammer für das letzte Jahr nur noch eine Stagnation ausweist ist alleine darauf zurückzuführen, dass in diesem nur Mietwohnungen erfasst werden, für die eine Mietzinsobergrenze gem. § 16 Abs 2 MRG nicht gilt. Zudem liegen nur Daten für Neuvermietungen vor. Und die Preise für Neuabschlüsse stehen in einigen Regionen und Wohnungssegmenten in der Tat unter Druck. Bei bestehenden Mietverträgen treiben aber schon alleine die üblichen Wertanpassungen (Indexierung des Mietentgelts) den Preis. Insofern ist ein guter Teil des Preisauftriebs bei Mieten systemimmanent.
Mit einem Anstieg von zehn Prozent in den letzten vier Jahren kommt die zweithöchste Teuerungsrate von den wohnungsbezogenen Dienstleistungen. Dazu zählen kommunale Dienstleistungen wie die Wasser-Versorgung und -Entsorgung oder die Müllabfuhr, aber auch die Hausverwaltung. Die Kommunalgebühren wurden insbesondere vom Preis für Trinkwasser angeschoben, der im Untersuchungszeitraum um mehr als 17 Prozent abhob. Bei den anderen kommunalen Dienstleistungen lag die Teuerung bei plus acht Prozent. Hintergrund des doch beachtlichen Preisanstiegs für kommunale Dienstleistungen ist nicht zuletzt der steigende Finanzierungsaufwand der Gemeinden für soziale Angelegenheiten, der immer weniger durch die Ertragsanteile aus dem Finanzausgleich oder die Kommunalsteuer gedeckt werden kann. Folglich entdecken immer mehr Gemeinden die Kommunalgebühren als Einnahmequelle, mit der der ordentliche Haushalt querfinanziert werden kann. Doch nicht nur die öffentliche Hand, auch die Hausverwaltungen greifen immer tiefer in die Tasche der privaten Haushalte. Dass der Aufwand für die Hausverwaltung seit 2011 ebenso um zehn Prozent stieg, kommt jedoch nicht unerwartet, ist doch die Entlohnung der Hausverwaltung oftmals ans Mietentgelt gekoppelt.
Mit etwas über plus acht Prozent seit 2011 sind auch die Instandhaltungskosten für Wohnungen und Eigenheime ein nicht unwesentlicher Preistreiber, zumal sie mit einem Anteil von rund einem Drittel am gesamten Wohnaufwand mehr Einfluss auf die Gesamtbelastung haben als Mieten oder Energiebedarf.
Mehr Angebot statt Mietpreisbremse
Der Preisauftrieb beim Wohnungsaufwand ist augenscheinlich nicht monokausal zu erklären. Vielmehr ist zur Eindämmung wohl an mehreren Stellen anzusetzen. Ideen dazu gibt es viele. Doch welche wirken tatsächlich am effektivsten? In einem ökonometrischen Modell hat KREUTZER FISCHER & PARTNER die unterschiedlichsten Maßnahmen auf ihre preisdämpfende Wirkung hin evaluiert. Die Ergebnisse weisen der Politik die größte Verantwortung zu. In der Wirtschaft sind die Vorschläge nicht unumstritten.
Um etwa den Preisauftrieb bei den Mieten zu stoppen, erweisen sich die diskutierten Gegenmaßnahmen wie bspw. eine Mietpreisbremse oder Adaptionen am Richtwert-System im Modell als weitgehend wirkungslos. Vielmehr muss das Angebot an Mietwohnungen weiterhin substanziell erweitert und Wechselbarrieren für Mieter abgebaut werden. Denn dadurch steigt die Leerstandsrate und nur die drückt spürbar auf die realen Mietpreise. Allerdings, ohne zusätzliche Förderungen ist eine Ausweitung des Neubauvolumens wenig realistisch. Insofern ist die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung im Modell systemimmanent.
Hinsichtlich der wohnungsbezogenen Dienstleistungen bringen zwei Maßnahmen im Modell die besten Ergebnisse. Zum einen ein Tarifstopp bei Kommunalgebühren. Realpolitisch sehen wir hierfür aber wenig Chancen, da die finanziellen Herausforderungen der Kommunen weiter steigen und keine anderen Einnahmenquellen eröffnet werden. Zum anderen eine gesetzliche Entkoppelung der Entschädigung der Hausverwaltung von den Mieterlösen bei gleichzeitigem Indexierungsverbot. Nachdem bereits die Wohnungsmakler bei den Provisionen Einschnitte hinnehmen mussten, ist die Umsetzung einer derartigen Regelung durchaus realistisch.
Indessen ist im Modell keine der evaluierten Maßnahmen in der Lage die Teuerung bei der Wohnungs-Instandsetzung einzuhegen, zumal bei Arbeiten im Gebäudebestand kaum Produktivitätsgewinne erzielt werden können und daher der größte Teil der Preiserhöhungen aus Lohnsteigerungen resultiert. Die relativ größten Effekte messen wir bei der Bündelung von Sanierungsprojekten zu größeren Auftragslosen sowie wenn der Materialeinkauf dafür direkt bei den Produzenten erfolgt.
Auch der zu geringe Wettbewerb in der Bauwirtschaft treibt die Mieten im Neubau
„Die eigentlichen Preistreiber sind daher im Wesentlichen die chronisch geldklammen Gemeinden, eine viel zu defensive Wohnbaupolitik, aber auch ein zu geringer Wettbewerb in der Bauwirtschaft“, analysiert Andreas Kreutzer, Geschäftsführer von KREUTZER FISCHER & PARTNER. Nicht zuletzt durch den BRANCHENRADAR zählt das Beratungsunternehmen zu den profunden Experten für Bauen & Wohnen im deutschsprachigen Raum. Dass der Wettbewerb im Wohnungs- und Siedlungsbau nur suboptimal funktioniert, macht Kreutzer an zwei Kennzahlen fest, der Baukosten- und der Baupreisentwicklung. Seit 2011 stiegen die Preise Jahr für Jahr rascher als die Kosten. Zwischen 2011 und 2013 jeweils um ein Viertel, im Jahr 2014 sogar doppelt so schnell. Dass die Bauwirtschaft unter Preisdruck steht, lässt sich an den harten Fakten daher keineswegs ablesen. Vielmehr geben die Bauunternehmen, die zum Teil fallenden Materialpreise einfach nicht an die Bauträger weiter. Die Rechnung zahlt in jedem Fall der Mieter oder Wohnungskäufer. Denn teures Bauen bildet sich nicht zuletzt in den Neubau-Mieten und Wohnungspreisen für Neuerrichtungen ab. Um den Wohnbaugesellschaften mehr Handhabe für eine härtere Einkaufspolitik zu geben, sieht das Evaluierungsmodell die längsten Hebel in einer Neuausrichtung der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen (Wohnbauförderungen, Ausschreibungsrichtlinien etc.). Preisdämpfende Effekte resultieren aber auch aus der Umstellung von projektbezogenen auf objektbezogene Bauträger-Wettbewerbe, weil dadurch der Weg zu einer stärkeren Industrialisierung des Wohnbaus mit höheren Losgrößen geebnet wird. Projektbezogen sollten die Errichtungskosten nur noch mit eventuellen Gewinnen aus der Umwidmung von Grundstücken gestützt werden.
Und schlussendlich ist die Politik auch im Hinblick auf die Energiekosten gefordert, auch wenn diese für den gesamten Untersuchungszeitraum eher preisdämpfend wirkten. Doch zum einen ist mittelfristig wieder mit steigenden Energiepreisen zu rechnen, zum anderen könnte ein real sinkender Energieaufwand den Preisauftrieb in anderen Ausgabengruppen abfedern und damit insgesamt zu einem leistbaren Wohnen einen entscheidenden Beitrag leisten. Die effektivste Art um die Energiekosten in den Griff zu bekommen, ist zweifelsohne eine energetische Verbesserung des Gebäudebestands, Stichwort „Thermische Sanierung“. Leider haben sich aber die einschlägigen Fördermaßnahmen, wie etwa der Sanierungsscheck, nachweislich als nahezu wirkungslos erwiesen. Trotz erheblicher zur Verfügung gestellter Geldmittel wurde praktisch kaum mehr saniert als davor, weil mehr als neunzig Prozent der Förderung durch Mitnahmeeffekte verloren ging. Im Modell wurden daher primär Varianten durchgespielt, bei denen die Stellschrauben des Förderregimes nachadjustiert wurden. Die besten Ergebnisse brachten eine deutlich stärkere Ausrichtung auf Bedürftigkeit bei gleichzeitiger Anhebung der Förderquote.
Studiendesign:
Die Studie „Wege zum leistbaren Wohnen“ wird im Auftrag einer gemeinnützigen Stiftung erstellt. Aufgabenstellung ist die Evaluierung von Maßnahmen, die vom Ansatz her zu einer Verflachung des Preisauftriebes bei den Wohnungskosten führen sollen. Die Evaluierung erfolgt methodengestützt mittels eines ökonometrischen Modells, welches eigens für die gegenständliche Arbeit entwickelt wird. Insgesamt werden damit 17 Maßnahmen bewertet. Die Ausführungen in diesem Beitrag geben die Erkenntnisse in stark verkürzter Form wieder.
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