„Für die Wirksamkeit einer Mietpreisbremse gibt es keine empirische Evidenz“, stellt Andreas Kreutzer, Geschäftsführer von KREUTZER FISCHER & PARTNER trocken fest. Eine politische Forderung nach einer solchen folgt daher primär einem Wunschdenken. Wer tatsächlich einen Druck auf Wohnungs- und Mietpreise wünscht, muss dazu nur eines ermöglichen: Dass gebaut werden kann, was gebaut werden will.
[14.09.2017 | Wien] Im Rahmen der Studie „Perspektiven für den Wiener Wohnbau“ hat KREUTZER FISCHER & PARTNER bereits im Vorjahr mittels Simulationsmodell zwei in Diskussion stehende Ansätze evaluiert. Untersucht wurden zum einen die preisbezogenen Auswirkungen einer lokalen Mietobergrenze, zum anderen die Folgen einer stark steigenden Wohnbauproduktion. Die Simulation fand vor dem Hintergrund eines hoch durchlässigen Wiener Wohnungsmarktes statt. Denn anders als in anderen Städten – wie etwa Berlin – ist der Wiener Markt für Wohnraum lokal kaum abgeschottet. Leichte Wechselbarrieren gibt es lediglich zwischen den Segmenten innerer Gürtel vs. äußerer Gürtel bzw. zwischen rechtem und linkem Donauufer („Transdanubien“). Zudem wirken sich Erosionen des Mietpreises in einem Preissegment mittelfristig auf alle anderen Preissegmente aus, weil es dadurch zur Verschiebung der Nachfrage kommt. Wenn etwa das mittlere Preissegment günstiger wird, kommt eine verstärkte Nachfrage sowohl aus dem unteren als auch aus dem oberen Preissegment, weil sich im mittleren Preissegment eben das Preisleistungsverhältnis verbessert. Kurzum, Mietpreisveränderungen folgen dem Prinzip der kommunizierenden Gefäße.
Das Ergebnis der Simulation war nicht überraschend. Während die Mietobergrenze kaum und nur zeitlich begrenzt zu einer Eindämmung des Mietpreisauftriebs führt, kommt es bei einer deutlich angehobenen Wohnbauproduktion bereits nach drei Jahren zu einer signifikanten Absenkung der Mietpreise zwischen fünf und acht Prozent, nach fünf Jahren sinken die Mietpreise um mehr als zehn Prozent. Und das aus gutem Grund, sind doch die rasch steigenden Mieten und Wohnungspreise im Wesentlichen auf einen Umstand zurückzuführen: ein nicht ausreichendes Angebot. Übers Jahr gerechnet lag die Leerstandsrate bei Wohnungen im Jahr 2015 bei lediglich 2,2 Prozent. Das ist eindeutig zu wenig, um Druck auf die Mietpreise auszuüben. Aus dem Bereich der Gewerbeimmobilien ist bekannt, dass eine Preiserosion einen Leerstand von zumindest sechs Prozent benötigt. Tatsächlich halten sich am Wohnungsmarkt aber Angebot und Nachfrage nahezu die Waage. Um den beschriebenen, mietpreissenkenden Effekt zu erzielen, müssten daher in Wien in den nächsten fünf Jahren jährlich zumindest 20.000 Wohneinheiten zu Bedingungen des geförderten Wohnbaus errichtet werden. Aktuell sind es jedoch nur etwa 8.000 bis 9.000 Wohnungen pro Jahr. Die Wohnbauträger würden auch die Bauproduktion gerne steigern, allerdings schafft es die Gemeinde nicht, die dafür notwendigen Liegenschaften bereitzustellen und die notwendigen Widmungen rasch vorzunehmen.
Die Erkenntnisse zum Wiener Markt lassen sich im Übrigen auf alle anderen Regionen Österreichs umlegen. Doch zumeist scheitert eine nachfragegetriebene höhere Bauleistung auch dort am Unvermögen der lokalen politischen Entscheidungsträger. Besonders deutlich zeigt sich das etwa im Speckgürtel rund um Wien. Hier ist die Nachfrage nach Wohnraum bekanntlich hoch. Doch in vielen Gemeinden steht man dem Zuzug skeptisch gegenüber, wie eine Studie zum Niederösterreichischen Wohnbau vom Februar des heurigen Jahres zeigt. Denn für die Kommunen geht ein Bevölkerungswachstum in der Regel mit dem Ausbau der Infrastruktur einher. Ein Zuzug junger Familien verlangt etwa mehr Kapazitäten in Kindergärten und Volksschulen. Und dafür fehlen vielerorts die finanziellen Mittel. Darüber hinaus fürchtet man oft eine Verschlechterung der Verkehrslage. Ehrlicherweise wird im Subtext ab und an auch mit der Gefahr eines Preisverfalls bei bestehenden Immobilien argumentiert, der sich bei den nächsten Wahlen ungünstig auf die Mehrheitsverhältnisse auswirken könnte, oder aber einer Art Angst vor „Überfremdung“. Infolge scheitern viele Wohnbauprojekte an den notwendigen Flächenumwidmungen. Mittlerweile warten im Wiener Umland bei diversen Bauträgern Projekte mit insgesamt mehr als 16.700 Wohneinheiten im großvolumigen Wohnbau auf Realisierung. Gut die Hälfte davon hat aus heutiger Sicht aber keinerlei Chance auf Umsetzung, da die zuständigen Gemeinden dezidiert keine Baubewilligung erteilen möchten.
Blockiert wird auf Gemeindeebene unabhängig von der politischen Einfärbung der Ortsvorstände. So gibt es etwa im westlich von Wien gelegenen Breitenfurt mitten im Ort ein unbebautes Grundstück von rund 100.000 m², welches seit Jahrzehnten als Bauerwartungsland gewidmet ist. Der Eigentümer möchte seit Jahren die Liegenschaft mit Wohnungen und Infrastruktureinrichtungen erschließen. Eine Baubewilligung wird vom Gemeindevorstand (ÖVP) allerdings nicht erteilt, weil der Koalitionspartner (SPÖ), speziell aber die Grünen neuen Einwohnern skeptisch gegenüberstehen. Ähnlich wird in Brunn am Gebirge argumentiert, einer traditionellen SPÖ-Gemeinde. Hier wird mehreren Bauträgern ihr Unternehmenszweck vereitelt. Flächenumwidmungen für Wohnbau werden kategorisch ausgeschlossen. Bereits gewidmete Flächen gibt es kaum noch.
Kreutzer zeigt für dieses „Ping-Pong-Spiel“ der Gebietskörperschaften wenig Verständnis: „Man kann nicht auf Bundesebene „Leistbares Wohnen“ propagieren, und die Kommunen halten mit einer restriktiven Umwidmungs- und Bewilligungspolitik entgegen. Man sollte doch davon ausgehen können, dass sich die Parteien zumindest parteiintern koordinieren".
Studiendesign:
Die beiden Studien wurden von KREUTZER FISCHER & PARTNER im Sommer 2016 bzw. zwischen Oktober 2016 und Jänner 2017 im Rahmen des internen Studienprogramms erstellt. Datenquelle ist neben umfangreichen eigenen Erhebungen und Befragungen auch die Auswertung von sekundären Datenquellen, etwa aus der Studienreihe „BRANCHENRADAR“, von Statistik Austria oder aus dem Grundbuch.
Alle Angaben ohne Gewähr.
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